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Die sechs Schwerpunkte

Wohnen

Die Ziele der 2000-Watt-Gesellschaft beim Wohnen können im Handlungsbereich der Nutzer/innen – also der Mieter/innen – primär durch die Reduktion des Energiebedarfs für Heizen, Mobilität und Stromanwendungen sowie die Wahl erneuerbarer Elektrizität erreicht werden.

Hintergrund

Bedeutung der privaten Haushalte

Um die Ziele der 2000-Watt-Gesellschaft zu erreichen, müssen die privaten Haushalte einbezogen werden. Denn die Bewohner/innen der Haushalte sind für rund 29% des Gesamtenergieverbrauches in der Schweiz verantwortlich (Bundesamt für Energie, 2014). Dieser Verbrauch ist nicht nur von technischen Aspekten wie etwa dem Zustand der Gebäudehülle abhängig, sondern auch vom Verhalten der Bewohner/innen. Dabei handelt es sich meist um Mieter/innen, die keinen Einfluss auf die technische Ausstattung der Wohnungen haben: In der Schweiz sind 72% der Wohnungen vermietet, in der Stadt Zürich sind es sogar 90%. Nicht zuletzt aus diesen Gründen legte Energieforschung Stadt Zürich einen Schwerpunkt auf die Erforschung des Zusammenhangs zwischen Verhalten und Energieverbrauch im Wohnbereich.

Fokus Energieforschung Stadt Zürich

Die acht durchgeführten Forschungsarbeiten lassen sich in drei Gruppen einteilen. Zwei Arbeiten befassten sich mit der Analyse der Energieverbräuche in der Stadt Zürich und stellten Verbrauchsdaten in den Kontext der Ziele der 2000-Watt-Gesellschaft. Die zweite Gruppe von Arbeiten ging der Wirksamkeit von Interventionen zur Veränderung des Verhaltens und zur Steigerung der Energieeffizienz nach. Und drittens wurden neue Formen zur Beeinflussung des Verhaltens zum Beispiel über Informationstechnologien und Nudges erforscht. Unter letzterem versteht man Impulse, die das Verhalten in Richtung energieeffizientes Verhalten lenken sollen, ohne dabei Handlungsoptionen einzuschränken oder ökonomische Anreize auszuschalten.

Haupterkenntnisse

Haupterkenntnisse Wohnen

Wo steht die Stadt Zürich in Bezug auf den Energieverbrauch der Haushalte?

Den Energieverbrauch der Haushalte in der Schweiz hat ein nationales Projekt der Universitäten Neuenburg und Basel untersucht. Die Forscher/innen haben mittels einer Umfrage Verhaltensdaten erhoben und die Ergebnisse für die Stadt Zürich mit jenen der übrigen Schweiz und anderen Städten verglichen (Datenanalyse der «Swiss Household Energy Demand Survey (SHEDS) FP 1.22). Dazu wurden in vier Wellen zwischen 2016 und 2019 total 1'200 Stadtzürcher Haushalte befragt und die Ergebnisse mit jenen einer Umfrage unter 20'000 Haushalten aus der Deutsch- und Westschweiz verglichen. Während die Ergebnisse für die Schweiz repräsentativ sind, trifft dies für die Stichprobe aus der Stadt Zürich nicht zu. Dennoch zeigten sich einige interessante Ergebnisse.

  • Jeder dritte Haushalt in der Stadt Zürich ist sich nicht bewusst, dass der Strommix in der Stadt vollständig erneuerbar ist. Dies lässt auf ein Informationsdefizit schliessen, welches durch verstärkte Information der Energieversorgungsunternehmen behoben werden könnte.
  • Haushalte in Städten und somit auch in der Stadt Zürich haben einen geringeren Stromverbrauch und verbrauchen weniger Energie für Mobilität und Heizzwecke, als Haushalte auf dem Land. Der Unterschied zwischen der Stadt Zürich und dem Kanton Zürich liegt etwa bei 10 bis 15%.

Strukturmerkmale sind entscheidend für diese Unterschiede

Diese Unterschiede lassen sich gemäss den durchgeführten statistischen Analysen mehrheitlich mit Strukturmerkmalen erklären: In der Stadt Zürich sind die Wohnflächen kleiner, die Distanz zwischen Wohn- und Arbeitsort geringer und das Infrastrukturnetz dichter – also beispielsweise das Netz an öffentlichen Verkehrsmittel oder die Dichte der Dienstleistungsangebote.

Einstellungen zu Energiesparen

In der Umfrage wurden auch die Einstellungen zum Energieverhalten erfasst. Es zeigte sich, dass die Befragten sich zwar zu umweltfreundlichem Verhalten verpflichtet fühlen. Aber nur selten haben sie die Absicht geäussert, den Energieverbrauch tatsächlich zu reduzieren. Diese Beobachtung ist in der Literatur als „kognitive Dissonanz“ bekannt und in der Stadt Zürich sogar etwas stärker ausgeprägt als in anderen Schweizer Städten und der restlichen Schweiz. Entsprechend erstaunt es nicht, dass in der Stadt Zürich nur 10% aller Befragten Energiespartipps der lokalen Behörden umsetzen. Wogegen den Empfehlungen des Bundesamtes für Energie gemäss Umfrage immerhin 40% folgen.

Umsetzung der Spartipps der städtischen Behörden. N=1200; Umfragen zwischen 2016 bis 2019 (Datenanalyse der «Swiss Household Energy Demand Survey (SHEDS)» für die Stadt Zürich FP-1.22).

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Umsetzung der Spartipps des Bundesamtes für Energie. N=1200; Umfragen zwischen 2016 bis 2019 (Datenanalyse der «Swiss Household Energy Demand Survey (SHEDS)» für die Stadt Zürich FP-1.22).

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Es braucht Zielgruppenspezifische Informations- und Beratungsangebote

Aus der Analyse des Energieverbrauchsverhaltens der Stadt Zürich im Vergleich mit anderen Städten und Regionen lassen sich folgende Schlussfolgerungen ableiten: Um die Energieeffizienz von Haushalten in der Stadt Zürich zu steigern, wären zielgruppenspezifische Informations- und Beratungsangebote notwendig. Wo diese bereits bestehen, ist eine Weiterführung sinnvoll.

Sind die Ziele der 2000-Watt-Gesellschaft für Haushalte überhaupt erreichbar?

Für fünf Modellgebäude in der Stadt Zürich liegt eine detaillierte Analyse des Energieverbrauchs und des energierelevanten Verhaltens vor der Nutzenden vor. Bei diesen Gebäuden handelt es sich um Objekte, die in Bezug auf Energieeffizienz und Klimaverträglichkeit bestmöglich gebaut, respektive erneuert worden sind. Die Ergebnisse sind durchaus ermutigend:

  • Die Anforderungen der 2000-Watt-Gesellschaft im Hinblick auf die Reduktion der Treibhausgasemissionen sowie des Verbrauchs nicht-erneuerbarer Primärenergien im Betrieb der Gebäude können grösstenteils eingehalten werden.
  • Der Lebensstil der Bewohner/innen in Bezug auf Wohnen, Ernährung und Mobilität befindet sich grundsätzlich auf dem Pfad in Richtung eines 2000-Watt-kompatiblen Lebensstils.
  • Die Bewohner/innen beklagen sich aber über zu wenig Einflussmöglichkeiten auf den Energieverbrauch, zum Beispiel mittels Regler für die Heizung. Und sie wünschen sich mehr Informationen über Energieeffizienz.

Information, Beratung und technische Installationen

Gerade das letzte Ergebnis legt nahe, dass der Energieverbrauch in Haushalten über Information und Beratung sowie die Einrichtung technischer Installationen gesenkt werden kann. Daher hat Energieforschung Stadt Zürich in verschiedenen Studien mittels eines Kontrollgruppenvergleichs die Ausgestaltung und Wirksamkeit von Massnahmen zur Veränderung des Energieverbrauchsverhaltens in Haushalten geprüft.

Was wissen wir über die Wirksamkeit von Instrumenten zur Reduktion des Energieverbrauchs in Haushalten?

Es ist bekannt, dass der Einsatz technischer Hilfsmittel und das Angebot an Informationen das Verhalten von Mietern/innen in Bezug auf den Energieverbrauch verändern können. Hingegen ist vergleichsweise wenig darüber bekannt, wie sich verschiedene Instrumente kombinieren lassen und wie nachhaltig ihre Wirkung in Kombination ist. Diesen Aspekt hat Energieforschung Stadt Zürich daher näher untersucht. Dazu wurden die 92 Wohnungen von zwei Überbauungen in vier Gruppen eingeteilt: Eine Gruppe wurde mit technischen Instrumenten wie automatischer Abschaltsteuerung, speziellen Reglern für die Heizung oder Anzeigen über den Energieverbrauch ausgerüstet; in der zweiten Gruppe wurde das Verhalten der Bewohner/innen mit Sparhinweisen für Waschen, Lüften und Kochen sowie Selbstverpflichtungen in Richtung Energieeffizienz beeinflusst; in der dritten Gruppe wurden sowohl die technischen als auch die kommunikativen Instrumente eingesetzt; die vierte Gruppe diente als Kontrollgruppe, wurde also auf keine Weise beeinflusst. Die folgende Darstellung zeigt das Design der Untersuchung schematisch auf.

Studiendesign zur Überprüfung der Wirksamkeit von Instrumenten zur Steigerung der Energieeffizienz in Haushalten; T = Technik; K = Kommunikation; 0 = keine spezifischen Massnahmen; + spezifische Massnahmen ergriffen (Benutzergerechte Assistenz - und Motivationssysteme BAM: Feldversuch FP-2.6.1).

Abbildung Studiendesign vergrössern

Kommunikationsinstrumente haben einen positiven Effekt - technische Hilfsmittel alleine hatten keine Wirkung

Mittels Umfragen unter der Mieterschaft und Messungen des Verbrauchs wurde die Wirksamkeit der Interventionen überprüft. Es zeigte sich, dass Kommunikationsinstrumente das energiesparende Verhalten deutlich steigern. Der alleinige Einsatz technischer Hilfsmittel löst hingegen wenige bis keine Wirkungen aus. Offenbar hatten die Bewohner/innen Mühe, Regler richtig zu bedienen und Verbrauchsinformationen korrekt zu interpretieren. Der kombinierte Einsatz kommunikativer und technischer Instrumente zeigte keine zusätzliche Wirksamkeit. Im Gegenteil besteht hier die Gefahr, dass eine fehlerhafte Verwendung von technischen Hilfsmitteln die Wirkung der Kommunikation zunichtemacht.

Effekte verschwinden über die Zeit hinweg

Auf längere Frist ist die Wirksamkeit der getesteten Interventionen allerdings klein. Die positiven Effekte der Kommunikation auf das Verhalten und den Verbrauch nehmen über die Zeit ohne erneute Intervention ab.

Haushalte aus Interventionsgruppen verbrauchten weniger Strom und Warmwasser - kein Effekt auf Heizwärme

Die mittels Befragungen gemessenen Wirkungen stimmen mehrheitlich mit den Messungen des Energieverbrauchs überein, auch wenn die Grösse der Stichprobe bei der Befragung relativ klein war. Die Haushalte der Interventionsgruppen verbrauchten wie erwartet weniger Strom und Warmwasser. Ihr Verbrauch lag in der Messperiode zwischen 5% und 12% unter jenem der Kontrollgruppe. Bei der Heizwärme ist dieser Effekt hingegen nicht zu beobachten.

Verhalten von Mieter/innen in der Kalkbreite

Mit einem anderen Forschungsdesign haben Forschende das Verhalten von Mietern/innen in der Überbauung Kalkbreite untersucht. Hier wurde mit einer Längsschnittanalyse ermittelt, ob und wie der Umzug in eine besonders auf Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung ausgelegten Siedlung das Verhalten und den Energieverbrauch von Mietern/innen veränderte. Die Daten wurden mit Befragungen vor und nach dem Umzug in den Jahren 2014 und 2016 erhoben.

Standort, Optimierung von Flächen, Gebäudetechnik sowie Vorschriften und Regeln reduzieren den Energieverbrauch

Die Ergebnisse zeigen, dass eine gut konzipierte Siedlung den Ressourcenverbrauch von Personen, die bereits als ressourcenbewusst gelten, weiter zu reduzieren vermag. Die Effekte lagen beim Primärenergieverbrauch bei minus 30%, bei den CO2-Emissionen bei minus 61%. Entscheidend für diese Reduktionen erwiesen sich die auf eine Optimierung der Flächen ausgerichtete Architektur, die technische Gestaltung des Gebäudes – also zum Beispiel die Hülle und der Heizungstyp – sowie die Wahl des Standortes in Bezug auf eine optimale Anknüpfung an den öffentlichen Verkehr. Zusätzliche Wirkungen resultierten aus spezifischen Regeln und Vorschriften für Mieter/innen. Dazu gehörte die Begrenzung der Wohnfläche, der Verzicht auf ein eigenes Auto, das gemeinsame Nutzen von Geräten oder der bewusstere Umgang mit Nahrungsmitteln.

Welche neuen Ansätze gibt es für die Steigerung der Energieeffizienz beim Wohnen?

Energieforschung Stadt Zürich testete drei neuere Ansätze, die das Verhalten von Konsumenten/innen in Richtung Energieeffizienz positiv beeinflussen können.

Digitale Kommunikationsform smartsteps

Der erste Ansatz setzt bei den digitalen Kommunikationsinstrumenten an. Sie haben gegenüber generalisierten Energieeffizienzkampagnen den Vorteil, dass die Inhalte einerseits personalisiert werden können, die Lösungen andererseits aber auch einfach skalierbar sind. Daher lag es nahe, zu prüfen, ob über digitale Informationssysteme der effiziente Umgang mit Energie gefördert werden kann. Zu diesem Zweck hat ewz eine neuartige, personalisierte Effizienzplattform mit dem Namen „smartsteps" aufgebaut und deren Wirksamkeit durch Energieforschung Stadt Zürich analysiert. Der Fokus lag auf der Reduktion des Elektrizitätsverbrauchs sowie der Senkung des Heizenergie- und Warmwasserverbrauchs von Haushalten.

Konsumenten/innen wurden eingeladen, die Effizienzplattform „smartsteps" zu nutzen. Dies gestaltete sich unter anderem wie folgt:

  • Der Besuch und die Nutzung der Plattform wurde belohnt: Beispielsweise erhielten die Nutzer/innen beim Anklicken und Lesen von energierelevanten Inhalten Bonuspunkte. Diese berechtigten ab einer bestimmten Anzahl zum Bezug einer Belohnung wie zum Beispiel einer LED-Lampe oder eines Energiemessgerätes.
  • Es wurde ein Empfehlungsdienst getestet – ein sogenanntes Recommender-System: Dieses bietet den Nutzern/innen der Webseite personalisierte Vorschläge zur Steigerung der Energieeffizienz an. Diese Vorschläge basierten auf dem individuellen Nutzungsverhalten.

Die untenstehende Grafik gibt einen Eindruck, welche Stufen die Nutzenden im Rahmen ihrer Aktivitäten auf der Homepage erreichen können. Je höher die erreichte Stufe, desto höher fällt der Bonus aus.

Erfahrungen mit der Plattform smartsteps

Die Effizienzplattform „smartsteps" umfasste ein Mailing, ein Web-Portal mit den oben geschilderten Funktionen, einen Newsletter sowie eine Mobile-Applikation. Die Erfahrungen mit der Plattform lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Durch eine optimierte Ansprache der Zielgruppen kann ein vergleichsweise hoher Anteil für eine Registrierung auf der Plattform motiviert werden. Rund 3‘900 Personen haben sich eingeschrieben, was einem Anteil von gut 17% aller angeschriebenen Personen entspricht. Das Projekt hat zudem getestet, ob beim Einsatz von extrinsischen Anreizen wie beispielsweise GeldGeldgeschenken die Registrierungsquote nicht etwa steigern, sondern eher senkensteigt. Das Gegenteil ist aber der Fall: Ein finanzieller Anreiz hat die Registrierungsquote gesenkt statt gesteigert. Umgekehrt steigert der Hinweis zur Höhe des Verbrauchs die Motivation zur Teilnahme – insbesondere für Haushalte mit hohem Energieverbrauch.
  • Ein grosser Teil der potenziellen Einsparungen kann bereits durch wenige Handlungsvorschläge realisiert werden – zum Beispiel mit Hinweisen zur Senkung der Raumtemperatur oder Optimierung des Lüftungsverhaltens.
  • Das Recommender-System erlaubt es, die Auswahl geeigneter Handlungsvorschläge substantiell zu verbessern. Belohnungen wie Geldprämien, Produktegeschenke oder Auszeichnungen können die Aktivität der registrierten Nutzer/innen auf dem Portal erhöhen.
  • Beim Stromverbrauch sind die gemessenen Wirkungen allerdings bescheiden. Im Vergleich zu einer Kontrollgruppe haben die Nutzer/innen des Portals keine Einsparungen erreicht. Bei der Wärme hingegen konnte eine positive Wirkung basierend auf den durch die Nutzer/innen umgesetzten Massnahmen ermittelt werden.

Nudging

Ein weiterer in Wissenschaft und Öffentlichkeit lebhaft diskutierter neuer Ansatz zur Beeinflussung des Verhaltens in Richtung Energieeffizienz ist das so genannte Nudging. Die Idee dahinter ist, Impulse zu setzen, die das Verhalten in eine gewünschte Richtung lenken sollen. Dabei gilt es weder Handlungsoptionen noch ökonomische Anreize auszuschalten. Die untenstehende Grafik zeigt die verwendete Definition der Nudges. Gemäss der zwei Dimensionen «Transparenz» und «Typen des Denkens» lassen sich drei Kategorien von Nudges definieren.

Nudges als Beitrag zu den Zielen der 2000-Watt-Gesellschaft

Energieforschung Stadt Zürich untersuchte, wie weit dieser Ansatz zur Erreichung der Ziele der 2000-Watt-Gesellschaft in der Stadt Zürich eingesetzt werden könnte. Aus rund 40 Nudging-Ideen haben Forschende zwölf identifiziert, die prinzipiell einen Beitrag zur Erreichung der Ziele der 2000-Watt-Gesellschaft leisten können. Vier davon wurden detailliert untersucht. Die Ergebnisse der Analyse sind im Vergleich zu den Erwartungen, die mit Nudges verbunden werden, aber eher ernüchternd:

  • Eine Vielzahl denkbarer Nudges zur Senkung des Energie-und Ressourcenverbrauchs ist nicht neu, sondern in der einen oder anderen Form bereits bekannt, erforscht und auch in der Stadt Zürich bereits diskutiert. Typische Beispiele sind der Einsatz von Energieetiketten oder die standardmässige Lieferung von Ökostrom durch die Energieversorger.
  • Weniger bekannte Nudges sind zwar in der Literatur beschrieben, im städtischen Kontext bisher aber kaum getestet worden. Daher sind keine Informationen über deren Langzeitwirkung verfügbar. Beispiele sind etwa der Countdown bei Händetrocknern, Labels für nachhaltige Gerichte in Restaurants oder Rückmeldungen zum Energie- und Wasserverbrauch mit einem Vergleich zu Durchschnitts- oder Zielwerten.

Zwei Nudges mit besonderem Potenzial für die Stadt Zürich

Schliesslich wurden zwei Nudges identifiziert, die sich – gemessen am ökonomischen Potenzial, der Umsetzbarkeit und den Kosten – in der Stadt Zürich zur Umsetzung anbieten würden. Zum einen handelt es sich um die Förderung von Sparbrausen in der Dusche. Zum anderen lässt sich in Personalrestaurants der Energieverbrauch direkt oder indirekt reduzieren, indem man zum Beispiel die Lebensmittelverschwendung durch die Verwendung kleinerer Teller reduziert, oder indem man vermehrt Gerichte ohne Fleisch anbietet.

Verhaltensänderungen durch Kontextwechsel - Beispiel Wohnungswechsel

Ein letzter hier vorgestellter Ansatz zur Beeinflussung des energierelevanten Verhaltens setzt bei den Gewohnheiten an. Diese beeinflussen das Verhalten stark und sind von der Umgebung bestimmt, in die eine Person eingebettet ist – also von Familie, Freundeskreis, Wohnsituation, Beruf und anderem. Ändert sich dieser Kontext, bietet sich die Gelegenheit, Gewohnheiten anzupassen. Eine solche Gelegenheit ist beispielsweise ein Wohnungswechsel. Daher scheint es erfolgversprechend, beim Wohnungswechsel mittels Kampagnen oder Angeboten auf eine gleichzeitige Reduktion des Energieverbrauchs hinzuwirken. Um die Erfolgschancen einer Intervention beim Wohnungswechsel auszuloten, haben Forschende in fünf Städten und Gemeinden (Zürich, Basel, St.Gallen, Baden, Wettingen) Erhebungen durchgeführt. Zunächst wurde ermittelt, wie die öffentliche Hand auf Zu- und Umziehende zugeht. Dann wurden mittels Interviews Personen befragt, die im Begriff standen, umzuziehen. Die Ergebnisse präsentieren sich wie folgt:

  • Die Behörden heissen heute primär die Zuzüger/innen willkommen. Personen, die innerhalb der Stadt umziehen, werden selten angesprochen. Meist werden die Zuziehenden am Behördenschalter mit Unterlagen bedient, die aber nur indirekte Informationen zur Energieeffizienz umfassen.
  • Aus den Interviews wurde deutlich, dass sich die meisten Personen beim Zu- und Umzug Fragen rund um die Mobilität und die Wohnungsgrösse stellen – zwei Aspekte, die für den Energieverbrauch sehr bedeutsam sind. Allerdings fällen die Zuziehenden ihre diesbezüglichen Entscheide lange bevor sie Kontakt zur neuen Wohngemeinde aufnehmen. Entsprechend ist es für die Gemeinden schwierig, auf diese Entscheidungen Einfluss zu nehmen.

Wie können Städte und Gemeinde Umziehende erreichen?

Will man diese Prozesse dennoch beeinflussen, bieten sich hierfür Umzugsplattformen an. Dieser Weg scheint am vielversprechendsten, um Informationen zur Erreichbarkeit von Standorten, deren Anbindung an den öffentlichen Verkehr, Sharing-Optionen und anderes an die Zielgruppen heranzutragen. Dieses Vorgehen kann ergänzt werden durch Anreicherung der Willkommenspakete mit den Themen Energie, Umwelt und Klima. Zu denken ist beispielsweise an die Abgabe von Gutscheinen für den öffentlichen Verkehr oder die Ausleihe von Fahrrädern.

Empfehlungen

Empfehlungen: Wohnen

Grundsätzlich haben die Haushalte in der Stadt Zürich vergleichsweise gute Voraussetzungen für einen effizienten Umgang mit Energie: Zum Beispiel liegen Wohn- und Arbeitsort nahe beieinander und die Infrastruktur ist gut ausgebaut. Allerdings führen diese Voraussetzungen nicht automatisch zu einem energiesparsamen Verhalten. Um das Verhalten von Haushalten in Richtung Energieeffizienz zu lenken, braucht es weitere Interventionen: Information, Sensibilisierung, Verhaltenstipps. Allerdings liegen zum Einsatz neuer digitaler Kommunikationsmittel und Nudges wenig gesicherte Informationen betreffend deren Wirksamkeit vor. Auch birgt der Einsatz technischer Hilfsmittel wie Regler, Steuerungen oder Verbrauchsrückmeldungen auch das Risiko, dass sie von den Benutzern/innen falsch bedient werden und so im schlimmsten Fall sogar kontraproduktive Effekte hervorrufen. Am wirksamsten beeinflussen lässt sich das Verhalten mit verbindlichen Regeln für Haushalte, Vorschriften zur Ausstattung von Gebäuden oder verbindlichen Vorgaben in Mietverträgen. Allerdings sind diese Massnahmen einschneidend und oftmals nur in einem bestimmten Kontext realisierbar, zum Beispiel in einer Modellüberbauung. Aus den Projekten lassen sich die folgenden Empfehlungen ableiten:

Empfehlungen: Wohnen

Effektive Kampagnen für Verhaltensänderungen langfristig anlegen.

Informationen, Beratung, individuelle Angebote, digitale Kommunikationsmittel und Verhaltensaufforderungen können Effekte erzielen und den Energieverbrauch von Haushalten reduzieren. Um nachhaltig zu wirken, müssen sie aber dauerhaft angeboten werden. Von kurzfristig ausgelegten Massnahmen ist abzuraten, sie erzielen keine oder nur kurzfristige Effekte.

Isolierte technische Hilfsmittel wirken sich kontraproduktiv auf den Energieverbrauch aus.

Vom isolierten Einsatz technischer Hilfsmittel die oft unter dem Schlagwort „Smart-Home“ zusammengefasst werden, ist abzuraten. Zu gross ist die Gefahr, dass Regler, Steuerungen oder Verbrauchsrückmeldungen von den Konsumenten/innen nicht verstanden werden und die Massnahmen darum zu keinen oder gar kontraproduktiven Effekten führen. Der Einsatz solcher Systeme ist nur in einem Massnahmenmix sinnvoll, wobei die Verständlichkeit und Bedienbarkeit gegenüber dem heutigen Stand erheblich verbessert werden muss.

Ein Mix aus baulichen Massnahmen und verbindlichen Regeln ist besonders effektiv.

Dies ist dann der Fall, wenn ein Gebäude konsequent nach den neuesten technischen Standards in Bezug auf Geometrie, Hülle und Heizung gebaut wird und gleichzeitig Regeln für die Mieterinnen und Mieter gelten wie zum Beispiel der Verzicht auf ein eigenes Auto.

Empfehlungen zur Projekten mit Feldforschung

Energieforschung Stadt Zürich hat Verhaltensänderungen in mehreren Projekten mittels Feldforschung untersucht: Es wurden mehrere Massnahmen konzipiert, in der Praxis erprobt und begleitend erforscht. Die Erfahrungen mit dieser Art von Forschungsdesigns führt uns zu methodischen Empfehlungen:

Empfehlungen: Feldforschung

Feldversuche sind gut geeignet, um Massnahmenwirkungen zu ermitteln.

Die Durchführung von Feldversuchen kann als Forschungsmethode im Bereich der Energieeffizienz empfohlen werden. Die Methode ermöglicht es, praxisnahe Massnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz mittels quasi-experimenteller Untersuchungen zu testen. Dabei gelingt es, auch den Einfluss von Rahmenbedingungen wie Wetter, Haushaltsgrössen, Unterschiede in der technischen Ausstattung von Gebäuden auf die Wirkungen der eingesetzten Massnahmen zu kontrollieren. So konzipierte Feldversuche verfügen über eine weit grössere Realitätsnähe als rein experimentelle Studien, die im Labor durchgeführt werden. Ebenso sind Feldversuche einer klassischen Ex-post-Analyse methodisch überlegen.

Feldversuche benötigen viel Know-how, Engagement und Ressourcen von Praxispartnern/innen.

Feldversuche benötigen vergleichsweise hohe Budgets und engagierte Praxispartner/innen aus Wirtschaft und Verwaltung. Ohne deren Unterstützung können Feldversuche nicht gelingen, respektive liefern sie keine verwertbaren Ergebnisse. Daher müssen die Praxispartner/innen bereit sein, während einer vergleichsweis langen Projektdauer von zwei bis vier Jahren das Forschungsvorhaben zu finanzieren beziehungsweise zu begleiten. Weil die Budgets aber oftmals unsicher sind und weil das Engagement der Praxispartner/innen oftmals auf Goodwill beruht, bergen Feldversuche ein nicht unerhebliches Risiko.