Gebäudeerneuerung
Die Ziele der 2000-Watt-Gesellschaft bei den Gebäuden zu erreichen, liegt primär in der Kompetenz der Eigentümer/innen, indem sie durch energetische Sanierungen den Energiebedarf der Gebäude reduzieren.
Gebäudeinfrastruktur ist für 70% des Endenergieverbrauchs in der Stadt Zürich verantwortlich
Für rund 70% des Endenergieverbrauchs der Stadt Zürich ist momentan die Gebäudeinfrastruktur verantwortlich. Entsprechend bildete die Transformation des bestehenden Gebäudeparks einen zentralen Forschungsgegenstand von Energieforschung Stadt Zürich. Ziel war es, in wissenschaftlich konzipierten und begleiteten Projekten zusammen mit den Eigentümern/innen und weiteren Entscheidungsträgern/innen Erneuerungsstrategien für Gebäude zu entwickeln und umzusetzen.
Forschungsstrategie in fünf Schritten
Ausgehend von der Zielsetzung wurde im Bereich Gebäude eine Forschungsstrategie in fünf Schritten umgesetzt
1. Strukturanalyse
Der Gebäudebestand der Stadt Zürich wurde anhand bestimmter Kriterien beschrieben. Zum Beispiel anhand der Art der Eigentümerschaften, Gebäudetypen, Alter der Gebäude und räumlicher Verteilung der Gebäude.
2. Akteuranalyse
Eigentümer/innen wurden mit qualitativen und quantitativen Methoden befragt. Damit liessen sich die Strategien, Motive und Ziele der Eigentümerschaften in Bezug auf die energetische Gebäudesanierung ermitteln. Gleichzeitig wurden auch die bestehenden Anreize und Hemmnisse in Hinblick auf die Gebäudeerneuerung erforscht.
3. Lösungsansätze
Mittels theoretischer Überlegungen und empirischer Daten wurden Massnahmen beschrieben, mit deren Hilfe Gebäudeeigentümerschaften vermehrt zu einer energetischen Sanierung motiviert werden könnten.
4. Clusterbildung
Mittels der Ergebnisse aus Schritt 1 bis 3 wurden Gruppen von Eigentümerschaften gebildet. Die Angehörigen einer solchen Gruppe – wir nennen sie «Cluster» – weisen jeweils in Bezug auf ihre Einstellungen, die Eigenschaften ihrer Gebäude, ihre Ziele und Erneuerungsstrategien möglichst ähnliche Merkmale auf. Die Details dazu finden sich im Kasten «Im Fokus: Der Clusteransatz».
5. Umsetzung von Clusterprojekten
Bei total sechs Clustern wurden im Sinne einer Aktionsforschung Projekte umgesetzt: Gruppen von Gebäudeeigentümerschaften wurden angefragt und motiviert, gemeinsam Strategien für eine vermehrte energetische Gebäudeerneuerung zu entwickeln und auszuprobieren. Zu den Clusterprojekten wurde jeweils eine begleitende Evaluation durchgeführt. Deren Ergebnisse dienten zur laufenden Verbesserung des Clusteransatzes und bildeten eine Basis für diese Synthese.
Forschungsstrategie in fünf Schritten (vereinfachte Darstellung Synthese Themenbereich Gebäude FP-2.7).
Abbildung Forschungsstrategie vergrössernHaupterkenntnisse Gebäudeerneuerung
Aus den fünf Arbeitsschritten hat sich eine Fülle von Erkenntnissen zur Frage der energetischen Gebäudeerneuerung ergeben. Geordnet nach dem zeitlichen Ablauf der Forschung lassen sich ausgewählte Resultate wie folgt zusammenfassen.
Ergebnisse aus der Strukturanalyse
Es zeigte sich, dass sich Gebäude im Hinblick auf die energetische Erneuerung nach drei Kategorien strukturieren lassen:
- nach den Eigentumsverhältnissen (private und institutionelle Eigentümerschaften),
- den Gebäudeeigenschaften (Gebäudetyp, Bauperiode und Energieträger)
- und der räumlichen Lage (gleiche Standorteigenschaften wie Angebot an Fernwärme oder erwartetes Wachstum, räumlicher Zusammenhalt wie Innenstadt, Genossenschaftssiedlungen und Abwärmequellen).
Eigentumsverhältnisse
Eigentumsverhältnisse: Die wichtigsten Eigentümerschaften von Gebäuden sind Finanz-, Immobilien- und andere Aktiengesellschaften respektive GmbHs. Diese verwalten 27% der Energiebezugsfläche in der Stadt Zürich, Einzelpersonen 20%, mehrere natürliche Personen (z.B. Erbengemeinschaften) 17%, die öffentliche Hand 17% und Genossenschaften 11%.
Konzentration des Eigentums
Konzentration des Eigentums: 100 Eigentümer/innen von Gebäuden verwalten 40% der Energiebezugsfläche der Stadt Zürich. Im Dienstleistungsbereich sind es 500 Eigentümer/innen, welche 80% der Nicht-Wohnfläche auf sich vereinen.
Anteile energetischer Erneuerung
Die Sanierung von Fenstern hat in 83% bis 87% der Fälle eine Senkung des Energieverbrauchs zur Folge, weil neue Fenster in der Regel energetisch bessere Eigenschaften aufweisen als ältere. Bei der Sanierung von anderen Teilen des Gebäudes resultiert seltener eine energetische Verbesserung: Bei der Sanierung von Fassaden wird nur in 35% bis 44% der Fälle auch zusätzlich gedämmt. Das heisst, mehr als die Hälfte der Fassadensanierungen laufen auf eine reine Instandhaltung hinaus. Beim Ersatz von Heizungen ist der Anteil der energetischen Erneuerungen am kleinsten: Nur in 9% bis 20% der Fälle, in denen ein Heizungsersatz vorgenommen wird, wird auch ein effizienteres System auf Basis erneuerbarer Energien eingebaut.
Verteilung der Gebäude der Stadt Zürich nach Baujahr
Die untenstehende Darstellung zeigt die Verteilung der Gebäude der Stadt Zürich nach Baujahr. Diese Verteilung wurde mit der Energiebezugsfläche gewichtet. Vergleichbare Auswertungen lassen sich in Bezug auf die Typen der Gebäude, die Energieträger der Heizung und vieles mehr erstellen.
Räumliche Verteilung der Bauperioden im Gebiet der Stadt Zürich, gewichtet nach EBF und Bauperiode pro Hektar (Der Gebäudepark in der Stadt Zürich: Grundlagenbericht im Hinblick auf die Identifikation und Bildung von Clustern FP-2.1 ).
Abbildung vergrössernErgebnisse aus der Akteuranalyse und Lösungsansätze
Die umfangreichen Erhebungen mittels Befragungen und Interviews haben gezeigt, dass der energetischen Gebäudesanierung insbesondere fünf Hemmnisse entgegenstehen
Rechtliche Rahmenbedingungen
Einzelne rechtliche Vorgaben sind für die Bauherrschaften vergleichsweise einfach zu erfüllen. Die Vorgaben werden aber schwieriger zu erreichen, wenn ein Gebäude in einem bestimmten Umfeld steht, zum Beispiel in der Altstadt oder an stark lärm- und luftbelasteten Standorten. Oder wenn gleichzeitig mehrere Vorschriften eingehalten werden müssen, zum Beispiel bezüglich Denkmalschutz, Brandschutz, Bauabständen, Lärmvorgaben, Arbeitsplatzvorgaben, Erdbebenschutz und so weiter. In solchen Fällen wird die Summierung der Vorgaben zu einem wichtigen Hemmnis.
Nachfragekompatibilität
Die Bereitschaft zu investieren, hängt stark von der so genannten Nachfragekompatibilität ab. Das bedeutet, an guten Lagen mit hohem Anspruch und hoher Zahlungsbereitschaft bietet sich eine Erneuerung für den Werterhalt und die Steigerung der Rendite an. Hier entstehen energieeffiziente Gesamtsanierungen im mittleren und hohen Preissegment. An eher unattraktiven Standorten bei hoher Nachfrage und geringeren Komfort-Ansprüchen der Nachfragenden werden Gebäudeerneuerungen nur selten realisiert. An solchen Lagen beschränken sich die Aktivitäten meistens auf den Unterhalt. Der Ersatz der Ölheizung oder die energetische Sanierung der Fassade oder des Daches unterbleiben.
Technische Voraussetzungen
Ein schlechter Zustand des Gebäudes in Folge Alter, schlechter Bausubstanz oder minderer Qualität einzelner Bauteile kann eine Sanierung eher behindern. In solchen Fällen fasst eine Bauherrschaft eher ein Ersatzneubau ins Auge oder schöpft die Restnutzungsdauer ohne Erneuerung aus.
Ökonomische Faktoren
Tiefe Renditen und fehlende finanzielle Mittel dämpfen die Bereitschaft zur Gebäudeerneuerung. Dies gilt vor allem bei teuren Gesamterneuerungen inklusive Fassade.
Wissen
Fehlende Informationen über die Erneuerungsmöglichkeiten oder zu geringes Handlungswissen wirken sich hemmend auf die Erneuerungsbereitschaft aus. Wenn also die Bauherrschaft nicht weiss, welche Varianten von Fassadensanierungen es gibt, oder wie man gesetzliche Anforderungen erfüllen kann. Genauso, wenn ihr nicht bekannt ist, an wen man sich wenden kann, um eine Erneuerung zu planen.
Umgang mit den Hemmnissen
Wie kann man diesen Hemmnissen begegnen? Zur Beantwortung dieser Frage ist es wichtig, zwischen dem objektiven und subjektiven Handlungsspielraum von Eigentümerinnen und Eigentümern zu unterscheiden. Beispielsweise wird der objektive Handlungsspielraum bei einer Gebäudeerneuerung durch die verfügbaren finanziellen Mittel oder die rechtlichen Bestimmungen definiert. Diesen objektiven Handlungsspielraum kann die öffentliche Hand mit finanziellen Anreizen und vereinfachten rechtlichen Vorgaben erhöhen. Dies ist aber nicht immer notwendig und zielführend. Denn oft werden Handlungsspielräume nur subjektiv als begrenzt wahrgenommen, obschon sie es objektiv nicht sind. So stehen subjektiv nur die wenigen Möglichkeiten zur Verfügung, die einer potenziellen Bauherrschaft gerade in den Sinn kommen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn aufgrund knapper Zeit oder fehlender Informationen nur eine einzige Möglichkeit der Gebäudeerneuerung in Betracht gezogen wird. Typisch ist dies beim Heizungsersatz, der oft sehr kurzfristig vorgenommen wird – wenn nämlich das alte System gerade ausfällt. In solchen Situationen greift man eher auf die bekannte und bewährte Technik zurück – ersetzt also eine alte Ölheizung durch eine neue, anstatt dass man sich lange nach einer energieeffizienteren und umweltfreundlicheren Lösung umsieht. Dieser subjektive Handlungsspielraum lässt sich aber durch Information, Beratung und Coaching vergrössern. So kann das Problembewusstsein der Bauherrschaft verändert (Wollen) und neue Erneuerungsoptionen aufgezeigt werden (Können). Die untenstehende Abbildung verdeutlicht dies. An diesem Punkt setzt der Clusteransatz an, auf den wir im nächsten Abschnitt eingehen.
Schematische Darstellung des subjektiven und objektiven Handlungsspielraums und der entsprechenden Interventionen mit Information oder finanziellen Anreizen (Synthese Themenbereich Gebäude FP 2.7).
Darstellung vergrössernIm Fokus: Der Clusteransatz
Das Verfahren zur Bildung und Bearbeitung von Erneuerungsclustern wurde im Verlauf der Forschungsarbeiten gestaltet und laufend weiterentwickelt. Der Clusteransatz sieht vor, den Gebäudebestand eines Gebiets (z.B. einer Stadt) in sogenannte Erneuerungscluster einzuteilen und deren Eigentümerschaften gemäss ihren Bedürfnissen anzusprechen. Unter einem Erneuerungscluster werden Gruppen von Gebäudeeigentümerinnen und Gebäudeeigentümern verstanden, welche (1) ähnliche Ziele und Strategien bei der Gebäudebewirtschaftung aufweisen oder (2) Gebäude mit gleichartigen Erneuerungsproblemen besitzen. Erneuerungscluster können (3) auch räumlich gebildet werden, indem Gebäude in einem bestimmten Perimeter, für die besondere Erneuerungschancen bestehen, zusammengefasst werden (vgl. Synthese Themenbereich Gebäude FP-2.7). Folgender Ablauf hat sich als zielführend für die Umsetzung von Clusterprojekten erwiesen:
Typischer Ablauf von Clusterprojekten (Energetische Gebäudeerneuerungen fördern - Ein Handbuch zum Clusteransatz FP-2.3.9).
Ablauf vergrössernDie fünf Phasen lassen sich wie folgt beschreiben:
- Strukturanalyse: Der Gebäudepark eines bestimmten Gebiets wird basierend auf bestehenden Statistiken in Clustern von relativ homogenen Eigentümerschaften gruppiert.
- Vorbereitung: In dieser Phase werden weitere Eigenschaften der ausgewählten Cluster-Zielgruppe erhoben, wie beispielsweise die aktuelle Erneuerungssituation und der Wissensstand.
- Entscheidung: In der Entscheidungsphase wird abgewogen, ob sich die ausgewählte Zielgruppe für ein Clusterprojekt eignet beziehungsweise welche Vorgehensweise für die Zielgruppe angemessen ist.
- Umsetzung: Grundsätzlich umfasst die Umsetzung eine Startveranstaltung und Workshops («Impulse») sowie die individuelle Betreuung der Teilnehmer/innen zwischen den Workshops. Die Teilnehmer/innen sind aufgefordert, zwischen den Workshops konkret an ihren Erneuerungsvorhaben zu arbeiten und aktiv an der Gestaltung der Workshops mitzuwirken.
- Follow-up: Bereits während der Projektumsetzung gilt es, den letzten Prozessschritt der Verstetigung vorzubereiten und sicherzustellen
Begleitende Evaluation
Alle fünf Schritte werden von einem externen unabhängigen Evaluationsteam begleitet. Dieses liefert Rückmeldungen zu Qualität und Wirksamkeit der Umsetzung und hilft bei der Optimierung des Prozesses. Gleichzeitig erlauben die Evaluationsergebnisse eine gesamthafte Beurteilung des Erfolgs des Clusters.
Ergebnisse der Clusterbildung und der Umsetzung von Clusterprojekten
Auf Basis der Strukturanalyse liessen sich total 26 Cluster identifizieren, bei denen eine Intervention mittels Information, Beratung und Coaching erwogen werden kann. Bei sechs als prioritär beurteilten Clustern wurde der Clusteransatz effektiv erprobt. Es sind dies die Cluster Stockwerkeigentümerschaften, kleine und mittlere Wohnbaugenossenschaften, grosse Liegenschaftsbesitzende mit und ohne bestehender Portfoliostrategie sowie Kleinquartiere mit gleichen Eigenschaften. Ein spezifisches Clusterprojekt wurde im Bereich der rechtlichen Vorgaben gestartet. Die Clusterprojekte wurden alle nach dem im Kasten beschriebenen Clusteransatz umgesetzt.
Vorwissen und Heterogenität der Eigentümerschaften
Zwar liegen zu Beginn von Erneuerungen viele technische Informationen zu den Gebäuden vor. Meist fehlen aber die spezifischen Kenntnisse über die Motive (z.B. Einstellung zum Klimaschutz), das Vorwissen (z.B. Kenntnisse von Varianten), die Einstellungen (z.B. Bedeutung der Rendite oder der Werterhaltung) und die Bedürfnisse der Eigentümerschaft (z.B. Beitrag zu bezahlbarem Wohnraum oder Geldanlage). Ohne diese Informationen haben es Interventionen wie der Clusteransatz schwer, mittels Information, Beratung und Coaching Erneuerungen anzustossen. Darüber hinaus bleibt immer eine Heterogenität zwischen den in Cluster zusammengefassten Eigentümerschaften bestehen. Dem gilt es in der Begleitung Rechnung zu tragen.
Intensive Begleitung
Die Clusterprojekte zeigten, dass es wichtig ist, die Gebäudeeigentümerschaften intensiv zu betreuten, und dass das vorhandene Fachwissen und die angebotenen Leistungen von hoher Qualität sind. Eine kritische Begleitung der Interventionen mit nachfolgender Evaluation ist sinnvoll, um deren Wirksamkeit beurteilen zu können.
Hohes Interesse aber auch hohe Ausfallquoten
Ebenfalls haben die Clusterprojekte gezeigt, dass das Interesse an Information und die Motivation der Hausbesitzenden bei der ersten Kontaktaufnahme hoch ist, mit der Zeit aber stark abnehmen kann. Gründe dafür sind die hohen Erwartungen an die Wissensvermittlung, der Aufwand zur Teilnahme an den Sitzungen und die hohe Zahl von thematisch gleich gelagerten Veranstaltungen.
Clusteransatz differenziert einsetzen
Die intensive Beratung und Begleitung im Rahmen eines Clusteransatzes lohnt sich tendenziell mehr bei mittelgrossen und grossen Eigentümerschaften mit einer Vielzahl von Gebäuden. Bei kleinen und privaten Eigentümerschaften ist das Instrument sehr schnell sehr teuer.
Austausch mit den Behörden relevant
Der Austausch mit den Behörden insbesondere in Bezug auf den Baubewilligungsprozess ist vor allem für grosse Eigentümerschaften ein wichtiges Motiv, um sich auf den Clusterprozess einzulassen.
Erfahrungen mit dem Clusteransatz
Insgesamt zeigten die Erfahrungen mit dem Clusteransatz, dass die energetische Gebäudeerneuerung durchaus beschleunigt werden kann mittels Information, Beratung, Überzeugungsarbeit sowie dem Austausch zwischen Eigentümerschaften mit ähnlichen Problemlagen. Anhand der realisierten Clusterprojekte lassen sich die Wirkungen bei den Zielgruppen quantifizieren, indem der Selektionsprozess von der ersten Ansprache bis zur Teilnahme der Eigentümer/innen am Clusterprozess abgebildet wird. In der untenstehenden Tabelle sind die Werte für vier Cluster aufgeführt. Die Angaben illustrieren, wie weit es gelungen ist, durch Motivation, Information, Beratung und Moderation im Rahmen der Clustermodelle eine nachhaltige Veränderung bei der Ausgestaltung der Erneuerungsstrategien für Gebäude anzustossen.
Wirkungen des Clusteransatzes bei den Zielgruppen (die Daten sind vorsichtig geschätzt auf Basis Synthese der Ergebnisse des Themenbereichs Gebäude 2014-2017 FP-2.7.1).
Tabelle vergrössernWirkungen bei Zielgruppen
Es zeigt sich, dass bei den ersten beiden Clustern nur wenige der angeschriebenen Eigentümerschaften sich auf das Projekt einliessen und davon im weiteren Verlauf mehr als die Hälfte wieder ausgestiegen sind. Sie haben ihre Erneuerungsstrategie entweder nur teilweise oder gar nicht angepasst. Beim dritten und vierten Cluster ist es hingegen gelungen, die Ausfallquote im Prozess zu senken. Wie die Schlussevaluation gezeigt hat, war dafür die hohe Beratungsqualität sowie die hohe Flexibilität im Beratungsprozess mitverantwortlich. Am Schluss des Projektes sind beim dritten Cluster 17 Eigentümerschaften mit etwa 18‘000 Wohneinheiten verblieben. Ein Teil davon hat ihre Erneuerungsstrategie im Verlauf des Projektes angepasst und es wurden Wirkungen in Bauprojekten ausgelöst. Zudem ist es gelungen, die Aktivitäten über die Projektdauer hinaus gemeinsam mit Cluster 4 zu verstetigen: Aus dem Clusterprozess bildete sich eine Gruppe von sieben grossen Liegenschaftseigentümerschaften. Diese führen zusammen mit drei weiteren Unternehmen einen dauerhaften Austausch untereinander und mit der Stadt Zürich. Unterstützt wird dieser Prozess durch eine unabhängige Trägerschaft. Somit kann bei den Clustern 3 und 4 von einer nachhaltigen Wirkung im Sinne der Steigerung der Energieeffizienz gesprochen werden.
Clusteransatz bei Eigentümerschaften mit grossem Gebäudeportfolio sinnvoll
Die Ergebnisse zeigen, dass der Clusteransatz bei Eigentümerschaften mit grossem Gebäudeportfolio erfolgreich sein kann. Bei Eigentümerschaften mit nur wenigen Gebäuden, stark heterogenen Motiven, unterschiedlicher Ausgangslage hinsichtlich Erneuerung sowie unterschiedlichem Wissen ist der Clusteransatz hingegen zu teuer und zu wenig wirksam.
Empfehlungen: Clusteransatz
Die Erfahrungen von Energieforschung Stadt Zürich mit dem Clusteransatz führen zu den folgenden drei Empfehlungen:
Der Clusteransatz ist besonders geeignet bei Gebäudeeigentümerschaften mit grossem Gebäudeportfolio.
Der Clusteransatz kann in der Stadt Zürich weiter eingesetzt werden, unter der Voraussetzung, dass Behörden und Private zu einer Trägerschaft finden, die den Austauschprozess bei den Eigentümerschaften dauerhaft etabliert. Die Zielgruppen für den Clusteransatz sind primär bei Gebäudebesitzern/innen mit einem grossen Gebäudeportfolio zu suchen. Für kleinere Gebäudeportfolios zum Beispiel von kleinen und mittleren Genossenschaften, Privatpersonen mit einem bis drei Gebäuden oder Stockwerkeigentümerschaften ist der Ansatz zu teuer und nicht erfolgversprechend.
Es braucht eine homogene Einheit von Teilnehmenden, damit der Clusteransatz funktioniert.
Der Clusteransatz ist geeignet für den Einsatz in grossen und mittleren Städten der Schweiz. Dabei empfiehlt sich eine Fokussierung auf Gebäudeeigentümerschaften mit grossem Portfolio. So wurden dann auch im Jahr 2020 ein Clusterprojekt gestartet unter Beteiligung der Städte Winterthur, Genf, Baden sowie der Gemeinde Glarus Mitte. Denkbar ist der Einsatz auch in Regionen oder kleinen Kantonen, in denen sich Gruppen von Eigentümerschaften finden lassen, welche einen substanziellen Anteil am Gebäudepark besitzen und deren Gebäude eine homogene Einheit bilden in Bezug auf geografische Lage und Art der Gebäude. Als Daumenregel darf gelten, dass etwa die Hälfte der anfangs Teilnehmenden den Clusterprozess verlassen. Da der Austausch zwischen den Eigentümerschaften nur ab einer Gruppengrösse von zehn Teilnehmern/innen funktionieren kann, lässt sich die minimale Zahl der Eigentümerschaften beim Start des Prozesses abschätzen. Diese beträgt damit mindestens 20, sollte aber im Idealfall 50 bis 100 betragen. Voraussetzung für den Start eines Clusterprojektes bilden aber in jedem Fall die Strukturdaten zu den Gebäuden. Fehlen diese, so ist deren Erhebung eine notwendige Voraussetzung für den Einsatz des Clusteransatzes.
Den Behörden kommt eine zentrale Rolle zu.
Wenn der Clustereinsatz Erfolg haben soll, kommt den bei der Baubewilligung involvierten Behörden eine zentrale Bedeutung zu. Nur wenn die Behörden Engagement zeigen und bereit sind, die Managementkosten zu tragen, kann der Clusteransatz Aussicht auf Erfolg haben.
Empfehlungen: Gebäudeerneuerung
Über die Erfahrungen mit den Energieclustern hinaus lassen sich zwei weitere Empfehlungen formulieren:
Ansprüche an Gebäudeeigentümerschaften formulieren und Angebote bereitstellen.
Die Gemeinden und Städte dürfen durchaus Ansprüche an die Gebäudeeigentümerschaften formulieren in Bezug auf die energetische Erneuerung. Dies bedingt aber, dass die Gemeinden und Städte auch bereit sind, ihrerseits ein Angebot an die Gebäudebesitzer/innen zu unterbreiten. Dies kann in Form von Beratungsleistungen geschehen, aber auch mittels Dialog und Austausch, sofern es um rechtliche Aspekte bei der Baubewilligung geht. Letzteres bedingt eine dauerhafte Zusammenarbeit, die abhängig von Veränderungen der Rahmenbedingungen laufend anzupassen ist.
Aktivitäten kommunaler Energiepolitik evaluieren.
Eine gezielte Evaluation der oben skizzierten Aktivitäten kommunaler Energiepolitik ist zu empfehlen. Gerade im prozeduralen Bereich erlauben begleitende Evaluationen die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den Akteuren/innen und tragen damit bei, die Wirksamkeit zu erhöhen.